Geisterjäger #emotionfreitag

Die Gestalt, wenige Schritte von mir entfernt, erkannte ich im Halbdunklen des kleinen Seitenzimmers der Burg nur schemenhaft, doch ich wusste, wer gerade in den Raum gehuscht war. Gierig atmete ich den einzigartigen Duft nach Wald und Erde, überdeckt von einer leichten Note herben Rasierwassers, tief ein. Die feinen Härchen meines Nackens stellten sich auf, die Haut prickelte.
„Versteckst du dich etwa hier?“ Sein belustigter Unterton entging mir nicht.
„Geisterjäger verstecken sich nicht, sie legen Fallen.“
Ein raubtierhaftes Grinsen umspielte seine Lippen, die spitz zulaufenden Eckzähne blitzten weiß hervor. „Offensichtlich war mein Instinkt besser als deine Falle.“
Ich schnalzte mit der Zunge. „Offensichtlich hat meine Falle Angeber statt Geister angelockt.“
Er kam einen Schritt auf mich zu. Ohne Vorwarnung schossen Pfeile aus kleinen Öffnungen in der Wand. Er duckte sich fließend darunter hinweg und wich auch dem fallenden Beil elegant aus. Gelockerte Steine der Decke prasselten auf ihn herab. Keuchend kam er vor mir zum Stehen. Mit stoischer Ruhe und verschränkten Armen grinste ich ihn an. „Du wirkst etwas unentspannt.“
Schwer atmend baute er sich vor mir auf, Schweiß rann über seine Stirn. Unwillkürlich sog ich die Luft ein, meine Mitte zog sich schmerzhaft zusammen.
„Offensichtlich taugen deine Fallen nicht besonders.“
Sein Spott brachte mein Blut in Wallung.
„Offensichtlich haben sie dir dennoch ziemlich zugesetzt.“
Er drückte mich an die Wand, krallte seine Hände in meine Haare. Weiche Lippen erstickten mein leises Stöhnen, seine Zunge forderte Zutritt, den ich ihr bereitwillig gewährte. Das Blut rauschte ihn meinen Ohren, Arme und Beine schlang ich um seinen Körper. Ich ergab mich dem Moment, fühlte alles und nichts. Zerfloss unter seinen Berührungen. Unser Kuss wurde fordernder, die Bewegungen intensiver, seine Hände wanderten …
Ein schleifendes Geräusch ließ uns innehalten. Die Sekunden verstrichen, das Schlurfen kam näher.
„Wir haben ein Problem“, raunte er mir ins Ohr.
„DU hättest keines, wären meine Fallen noch intakt.“
Katzenartig schlängelte ich mich aus der Umarmung, lief lautlos durch die Seitentür und verschwand im Schutz der Dunkelheit. Sollte der Angeber es doch allein mit dem Geisterkönig aufnehmen.

©Ricarda Seidl